Die Wassermassen kamen überraschend: In vielen Teilen Spaniens haben heftige Regenfälle verheerende Schäden angerichtet. Mehr als 60 Menschen starben durch die Fluten, Dutzende werden noch vermisst, etliche sind in Gebäuden eingeschlossen.
► Der Chef der Regionalregierung im besonders hart betroffenen Valencia, Carlos Mazón (50), sprach am Mittwoch von einer „noch nie dagewesenen Situation“ in seiner Provinz.
Als die Bewohner der Provinz am Dienstagabend um 20 Uhr von einer Warn-SMS der Behörden überrascht wurden, hatten sich schon längst Straßen in reißende Flüsse verwandelt. Es gab erste Vermisste. Die Warnung kam zu spät.
In der Gemeinde Aldaia schlossen die Wassermassen laut spanischen Berichten rund 600 Menschen in einem niedrig gelegenen Einkaufszentrum ein. Bis zur Nacht konnte der Großteil gerettet werden, 50 mussten am Mittwochvormittag noch in dem Gebäude ausharren.
Premier Pedro Sánchez (52) sagte am Mittwoch: „Ganz Spanien fühlt mit denjenigen, die nach ihren Angehörigen suchen. Unsere Priorität ist es, ihnen zu helfen. Wir setzen alle notwendigen Mittel ein, damit wir uns von dieser Tragödie erholen können.“ Dutzende Städte seien überflutet worden.
Bürgermeister: „Wir saßen in der Falle wie Ratten“
„Gestern war der schlimmste Tag meines Lebens“, sagte Ricardo Gabaldón, Bürgermeister der Stadt Utiel (Provinz Valencia), dem Sender RTVE. In seiner Stadt werden noch immer Menschen vermisst.
Der Bürgermeister: „Wir saßen in der Falle wie Ratten. Autos und Müllcontainer strömten durch die Straßen. Das Wasser stieg bis zu drei Meter hoch.“
Ähnliche Schilderungen der dramatischen Unwetter-Momente gibt es aus etlichen Flut-Gebieten. Eine Frau wurde gegen 20 Uhr auf dem Heimweg von der Arbeit auf einer Autobahn in Valencia eingeschlossen. „Das Auto blieb stecken und plötzlich wurden die beiden Fahrspuren überflutet“, sagte sie der Zeitung „El País“.
Nach einer halben Stunde habe der gesamte Straßenabschnitt unter Wasser gestanden. „Es war eine brutale Flut. Wir saßen in der Falle, wir sahen keinen Ausweg und mussten eine sehr starke Strömung durchqueren. Es war eine kritische Situation. Ich hatte das Gefühl, dass wir in einer halben Stunde im Meer hätten landen können“, berichtete die Frau. Erst um 3 Uhr nachts konnte sie die Autobahn erschöpft verlassen.
Dabei hatte sie Glück, dass es nicht noch schlimmer kam: In der Stadt Torrent kollabierte sogar eine Autobahnbrücke. Sie konnte dem Druck der Wassermassen nicht standhalten. Die Fahrbahn stürzte in die Flut.
Die Rettungskräfte kämpfen derweil mit den Schäden. Nicht zu allen Einsatzorten können sie vordringen, die Verwüstung ist zu groß. Mit Hubschraubern versuchen die Behörden, zu den Eingeschlossenen zu gelangen. „Das ist die einzige Möglichkeit, wie wir uns momentan bewegen können“, erklärte der Verantwortliche des Provinzfeuerwehrverbands von Valencia, José Miguel Basset.
Die oberste Priorität: Menschenleben retten.
Warum regnet es in Teilen Spaniens so heftig?
Diplom-Meteorologe Dominik Jung von wetter.net zu BILD: „Wir haben ruhiges Herbstwetter, deshalb regnet es in Spanien. Denn es herrscht gerade eine Wetter-Blockade. Eine solche Blockadelage entsteht, wenn sich ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa festsetzt und die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete blockiert. Dadurch werden die Tiefdrucksysteme nach Südeuropa abgedrängt.“
Der Experte weiter: „Wenn diese Tiefdruckgebiete dort auf warme Luftmassen treffen, die über dem Mittelmeer zirkulieren, können starke Regenfälle und Stürme entstehen. Solche blockierten Wettermuster halten länger an und führen dann häufig zu heftigen Unwettern, besonders in Ländern wie Spanien und Portugal.“