Wer war Hans Weidel (1903–1985)?
Über den Großvater der AfD-Fraktions- und Parteichefin Alice Weidel (45) war bislang kaum etwas öffentlich bekannt. Neue Recherchen der „Welt am Sonntag“ (gehört wie BILD zu Axel Springer) belegen jetzt: Hans Weidel war in der Nazi-Diktatur (1933–1945) eine einflussreiche Figur. Die „Welt am Sonntag“ hatte für die Recherchen auch Dokumente des Bundesarchivs und des polnischen Staatsarchivs ausgewertet.
Während der NS-Zeit stieg der Jurist schnell auf und hatte unter anderem wichtige Ämter in Leobschütz, dem heutigen Głubczyce in Polen, inne. Im Zweiten Weltkrieg war er Militärrichter bei der Kommandantur Warschau.
So lief Hans Weidels NS-Karriere
▶︎ [–>1932[–> trat der Großvater der AfD-Kanzlerkandidatin Weidel in die NSDAP ein, kandidierte [–>1933[–> als Stadtverordneter und wurde dort „Fraktionsführer der NSDAP“.
▶︎ Ab Januar [–>1933[–> war Weidel Mitglied der SS und stieg dort zum Kreisgruppenführer des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes auf. Dieser trieb als „Hüter und Wahrer von völkischen Lebensgesetzen“ u. a. den „Kampf gegen das Judentum im Recht“.
▶︎ Weidel gehörte insgesamt nicht weniger als zehn verschiedenen NS-Organisationen an. Nach dem Überfall der Wehrmacht am 1. September [–>1939[–> und dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Weidel eingezogen und wenige Monate später zum Offizier befördert.
▶︎ Ab Juli [–>1941[–> war er Heeresrichter bei der Kommandantur Warschau. In einem „Eignungsbericht über Feldkriegsgerichtsrat Dr. Weidel“ lobten ihn seine Vorgesetzten.
▶︎ [–>1944[–> schließlich wurde Weidel zum Oberstabsrichter ernannt. Laut „Welt am Sonntag“ durchlief der Personalvorschlag das Führerhauptquartier. Unter dem Auszug vom 12. Oktober des Jahres steht: „Der Führer | gez. Adolf Hitler | Oberkommando des Heeres“. Hitler war zudem oberster Gerichtsherr der Militärjustiz. Nach Forschungen der Historikerin Claudia Bade verhängten die Gerichte „etwa 50.000 Todesurteile, von denen mehr als 20.000 vollstreckt wurden“ – viel mehr als die „zivile NS-Gerichtsbarkeit“.
Ermittlungsverfahren gegen Weidel dreimal erfolglos
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dreimal Ermittlungsverfahren gegen Weidel eingeleitet. Das Erste wurde 1948 wegen unvollständiger Dokumente eingestellt. Außerdem führten 1977 das Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen und 1979 die Hamburger Kriminalpolizei ergebnislos Ermittlungsverfahren gegen Weidel.
Alice Weidel: Hatte keinen Kontakt zu meinem Großvater
Enkelin Alice Weidel, die sich anschickt, als Kanzlerkandidatin für die AfD bei der nächsten Bundestagswahl anzutreten, will von alledem nichts gewusst haben, wie sie ihren Sprecher „Welt“ ausrichten ließ: „Aufgrund familiärer Dissonanzen gab es weder Kontakt zum Großvater, der bereits im Jahr 1985 starb, noch war er Gesprächsthema in der Familie.“ Auch den Vorwurf, die AfD würde die NS-Zeit weitgehend ausblenden und verharmlosen, lehnt sie ab.
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