Sie ist die dienstälteste Ermittlerin im deutschen Fernsehen – und bleibt dabei auch mit 63 Jahren gefühlt ewig jung. Ulrike Folkerts ermittelt am Sonntag zum 80. (!) Mal als „Tatort“-Kommissarin Lena Odenthal.
Als sie 1987 im Lieblingskrimi der Deutschen startete, war eine Kommissarin noch etwas Besonderes. Die offen lesbische Schauspielerin hat mit dazu beigetragen, dass sich das geändert hat. Ihre Ermittlerin tritt im „Tatort“ als bisexuell auf, hatte Liebesgeschichten sowohl mit männlichen als auch mit weiblichen Partnern. Privat ist sie seit mehr als 20 Jahren mit Katharina Schnitzler liiert.
Lena, bist du wirklich schon 80? Im BILD-Interview spricht Folkerts über das runde Jubiläum, ihre Zukunftspläne und das geänderte Rollenbild.
BILD: Herzlichen Glückwunsch zum 80. „Tatort“. Was bedeutet Ihnen ein solches Jubiläum und wie wurde das gefeiert?
Ulrike Folkerts: [–>„Niemals hätte ich gedacht, dass ich die Rolle der Lena Odenthal so lange spielen würde. Heute bin ich stolz auf das, was ich mit dieser Figur und meinem ‚Tatort‘ aus Ludwigshafen geschaffen habe. Gefeiert wird am Sonntag, wenn der Film ,Dein gutes Recht‘ ausgestrahlt wird. Ich werde mit vielen Freunden und Freundinnen gemeinsam schauen.“
Haben Sie einen Lieblings-Fall aus den 80 bisher gedrehten?
„Da gibt es einige, aus der Vergangenheit ,Die Zärtlichkeit des Monsters‘ von 1993, ,Das Verhör‘ von 2002 und ‚Lenas Tante‘ von 2023 – und jetzt ‚Dein gutes Recht‘, der am Sonntag läuft. Denn in all diesen Filmen ging es um wirklich wichtige Themen und die Kommissarin musste nicht nur den Fall lösen, sondern auch ihre eigenen Probleme.“
Welcher Fall war besonders kurios?
„,Die Pfalz von oben‘ – das war mein Jubiläums-‘Tatort ‚zum 30-jährigen. Lena traf wieder auf Stefan Tries, einen Polizisten, der auf dem Land in der Pfalz arbeitet. Stefan Tries, gespielt von Ben Becker, war Lenas erste Liebesgeschichte in dem Tatort ,Tod im Häcksler‘, nun durften die beiden Figuren sich wieder begegnen, ihre Geschichte aufarbeiten. Ich habe es sehr geliebt, wieder mit Ben Becker zu drehen. Ein großartiger Kollege, entsprechend ein toller Dreh.“
Gibt es einen Film, den Sie im Nachhinein nicht noch mal drehen würden?
„Auch da könnte ich mehr als einen aufzählen. Das sind Geschichten gewesen, wo der Mord behauptet war, mich die Figuren nicht wirklich interessierten und die Zuschauer und Zuschauerinnen schlauer waren als Lena Odenthal. Das passiert immer mal, aber zum Glück immer weniger.“
Was unterscheidet Ihre beiden Partner in den 80 Filmen, Lisa Bitter und Andreas Hoppe alias Johanna Stern und Mario Kopper?
„Die beiden kann man ja gar nicht vergleichen. Kopper war ein Kumpel von Lena, Johanna Stern ist eine Kollegin auf Augenhöhe. Lena und Johanna haben sich im Laufe der Zeit ihr Vertrauen erarbeitet, sind zu einem Team zusammengewachsen. Und sie sind zwei Frauen.“
Sie beide sind jetzt seit zehn Jahren ein Team. Wie hat sich die Zusammenarbeit verändert?
„Zu Beginn war Johanna Stern eher dazu da, mit Lena zu streiten, ihr Paroli zu bieten, anderer Meinung zu sein. Das hatte etwas von Zickentheater. Wir waren uns schnell einig, wir können auch unterschiedlicher Meinung sein und trotzdem ein gutes Team werden. Das hat sich jetzt schon einige Jahre bewährt und geht in die richtige Richtung. Gerade auch in diesem ‚Tatort‘ spielt das Vertrauen der beiden Kommissarinnen zueinander eine große Rolle.“
„Frauen als Kommissarinnen sind heutzutage eine Selbstverständlichkeit“
Bei Ihrem ersten Fall war eine Kommissarin noch etwas Besonderes. Wie hat sich das Rollenbild der Lena Odenthal im Laufe der Zeit und durch den Zeitgeist verändert?
„Frauen als Kommissarinnen sind heutzutage eine Selbstverständlichkeit. Niemand fragt mehr, ob eine Frau schießen und Autofahren, einen Mörder überführen und kluge Verhöre führen kann.“
Eine bekennende Homosexuelle als Kommissarin im wichtigsten Format der ARD – eigentlich sollte das normal sein. Wie haben sich die Reaktionen auf Ihr Outing bei Sendern wie Zuschauern im Laufe der Zeit verändert?
„Es ist kein Thema mehr. Ich werde als Schauspielerin gesehen und geschätzt oder kritisiert, wie jede und jeder andere auch.“
Wie planen Sie aktuell Ihre „Tatort“-Zukunft – dürfen wir auf noch mal 80 Fälle hoffen?
„Weitere 80 Filme schaffe ich rein zeitlich nicht. Aber ich wünsche mir noch viele gute Geschichten und damit Filme mit Lena Odenthal und Johanna Stern. Die Rente scheint mir weit weg.“